Eine Welt aus Glas und Carbon

Die neue Technikerschule in Donauwörth bildet Faser- und Kunststoff-Experten aus und kommt bei den Schülern so gut an, dass es schon eine Warteliste gibt Von Ulrike Eicher

David Raab testet im „Labor“, wie stabil Carbon-Teile sind.

Donauwörth In der großen Halle zischt, brummt, dröhnt es. Ein heißer Schlauch presst sich an einer der Maschinen aus einem Rohr heraus, noch wabbelig. Gleich darauf verschwindet er wieder in dem Gerät, um wenig später – nun gekühlt – als festes Teil aus Kunststoff wieder ans Licht zu kommen. Patrick Schneider bedient das Gerät, den „Extruder“. Der 24-Jährige besucht die neue Technikerschule in Donauwörth. Er ist einer der 15 Pioniere des ersten Jahrgangs. Mittlerweile gibt es schon eine Folgeklasse und für das kommende Schuljahr sogar eine Warteliste – 27 Schüler sind bereits angemeldet, fast genauso viele hoffen, dass sie noch nachrücken.

Patrick Schneider steht, wie auch die anderen in seiner Klasse, kurz vor dem Abschluss zum staatlich geprüften Techniker für Kunststofftechnik und Faserverbundtechnologie – darauf hat sich die Donauwörther Schule spezialisiert. An diesem Tag üben sich die Schüler in den Werkräumen. 25 bis 30 Maschinen sind hier aufgebaut. „Wir haben nur die neuesten Modelle“, sagt Winfried Schiffelholz, Leiter der Berufsschule, an die die Technikerschule angegliedert ist. Die Schüler arbeiten an den Geräten, um sich aufs spätere Berufsleben vorzubereiten.

Patrick Schneider (links) experimentiert mit Alex Schäfer am sogenannten „Extruder“: Die beiden Schüler der Technikerschule Donauwörth tragen Handschuhe, weil der schwarze Schlauch, der aus der Röhre kommt, sehr heiß ist.

Die Absolventen der Technikerschule starten aber nicht nur in den Job, sie kommen auch aus einem. Denn der „Techniker“ ist eine Weiterbildung: „Der Berufsabschluss liegt knapp unterhalb dem des Ingenieurs“, sagt Konrad Fieger, Abteilungsleiter der Technikerschule. Patrick Schneider zum Beispiel ist gelernter Verfahrensmechaniker. Nach seiner Lehre in Treuchtlingen hat er zwei Jahre gearbeitet, bis er von dem Angebot in Donauwörth erfuhr. Er kündigte seine Stelle, um sich als Techniker später beruflich weiterentwickeln zu können. „Ich würde gerne Projekte in der Automobilindustrie leiten“, sagt der 24-Jährige. Darauf fühlt er sich nun gut vorbereitet: „Die Ausbildung zum Techniker ist breit gefächert und geht mehr in die Tiefe als die im Betrieb“, so Schneider.

Nicht jeder Schüler aber gibt den Job gleich ganz auf für die zwei zusätzlichen Lernjahre in Donauwörth. „Manche lassen sich auch freistellen“, sagt Schiffelholz. Stefanie Rebele ist eine von ihnen. Die 22-Jährige ist Verfahrensmechanikerin bei Airbus Helicopters – neben anderen großen Unternehmen in der Region stellt der Hubschrauber-Produzent die meisten Schüler.

Stefanie Rebele hat eine Frisbee-Form aus Glasfasern hergestellt.

Die einzige Frau in der Klasse

Nach dem Abschluss möchte sie zu ihrem Arbeitgeber zurückkehren. Durch die Weiterbildung hofft sie, künftig in einem breiteren Feld eingesetzt werden zu können. Die Zeit in der Schule genießt Rebele – wenn sie auch in ihrer Klasse die einzige Frau ist. „Manchmal fehlt mir schon eine Freundin, aber eigentlich ist es kein Problem“, sagt sie und lacht. Dann wendet sie sich ihrer Frisbee-Form zu, die sie aus Glasfasern selbst hergestellt und laminiert hat.

Wie mit solchen Materialien – also Glasfasern, Carbon oder Aramid – umzugehen ist, lernen die Schüler hier. Später können sie im Bereich der Prozessoptimierung arbeiten, in der Automatisation oder der Qualitätsüberprüfung – wo sie etwa die Zusammensetzung und Stärke von Bauteilen aus Carbon beeinflussen. Als Fachkräfte sind die Techniker auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt, sagt der Schulleiter. Ab kommendem Schuljahr haben die Donauwörther Absolventen mit Fachhochschulreife zudem die Möglichkeit, den Bachelor in Wrexham (Wales) anzuschließen. Auch eine Zusammenarbeit mit der Hochschule Augsburg soll entstehen.

Um die Technikerschule besuchen zu können, sind eine Ausbildung etwa als Verfahrens- oder Industriemechaniker und ein Jahr Berufserfahrung nötig. In der zweijährigen Schulzeit wird zunächst die Theorie vermittelt, später arbeiten die Schüler vor allem in den Werkräumen. So wie Patrick Schneider, der kleine Kügelchen in immer neuen Zusammensetzungen in den Extruder wirft – die dann zusammenschmelzen und als Schlauch wieder herauskommen.


Eine Welt aus Glas und Carbon aus Augsburger-Allgemeine: http://www.augsburger-allgemeine.de/donauwoerth/Eine-Welt-aus-Glas-und-Carbon-id30014257.html